Regensburg, 23. Juni 2025
Zum Sommeranfang brennen überall in Bayern die Sonnwendfeuer. Seit dem 11. Jahrhundert - in Nord- und Mitteleuropa vermutlich schon lange vorher – wird der längste Tag des Jahres mit Freudenfeuern gefeiert.
Die Blütezeit der Pflanzen und Bäume war vorüber, und es begann die Zeit, in der die Natur viel Sonne brauchte. Mit den Feuern glaubte man, der Sonne näher zu sein, sie quasi auf die Erde zu bringen. Die Kirche versuchte, diesem heidnischen Treiben schon früh dadurch beizukommen, dass sie kurzerhand das Namensfest des hl. Johannes des Täufers am 24. Juni mit dem Sonnwendfeuer in Verbindung brachte. So wurden die heidnischen Feuer zum Johannifeuer – oder auch zum Peterlfeuer: Am 29. Juni haben die beiden Märtyrer-Apostel Peter und Paul ihren Gedenktag.
Gefährliche Feuer
Sogar in den Städten wurden seit dem Mittelalter auf den Marktplätzen große Sonnwendfeuer abgebrannt, darunter in München, Augsburg und Regensburg. Später wurden diese Feuer aus Gründen des Brandschutzes verboten.
Besonders beeindruckend sind die Sonnwendfeuer, die im Alpenraum Berggipfel entzündet werden. Hier werden zur Sonnwende auch vereinzelt brennende Flöße und Pechfeuer auf die Seen gesetzt.
Doch überall in Altbayern werden am Abend des 21. Juni oder am Vorabend des Johannistages die Johannisfeuer entzündet. Wie dem Osterfeuer hat man diesem Feuer seit alters her starke Segens- und Heilwirkung nachgesagt: Feuer und Rauch reinigen Mensch und Tier, sogar Haus und Boden, wenn man Asche und angekohlte Scheite vom Sonnwendfeuer darin verstreut oder aufbewahrt, glaubte man früher.
Glückbringendes Licht
Der Bursche sprang, mit der Liebsten an der Hand, über das Feuer, damit sie im folgenden Jahr ihm gehören sollte. Besonders wirksam war der Feuerzauber angeblich, wenn man vorher einen Orakelspruch aufsagte: „Sunnawend, Sunnawend, dass mit net s’Feier brennt, dass i bald z’heirat kum, drum tanz und spring i rum.“ Der Wunsch nach einem Hochzeiter wurde allerdings hauptsächlich von den jungen Mädchen geäußert. Für alle dagegen galt der Sprung über die Flammen zur Sonnwende als Glück bringend. Schon allein das Anschauen des Lichtscheins sollte Glück bringen, und so hielten Mütter ihre Kinder hoch, damit das reinigende Feuer sie bescheine. Ganze Dörfer gingen früher ums Sonnwendfeuer und beteten den Rosenkranz.
Wichtiger Wetterlostag
Johannes der Täufer ist neben Maria der einzige Heilige, bei dem der Geburtstag als Gedenktag gefeiert wird. Nach dem Tag des hl. Vitus am 15. Juni galt der Johannistag als einer der wichtigsten Wetterlostage. Er sollte insbesondere das Wetter für die Ernte ankündigen. Kam die Sonne am Johannistag früh heraus, so war ein gutes Jahr zu erwarten. Zeigte sie sich aber erst spät oder gar nicht, dann „regnet es dem Bäcker in den Trog“ – die Getreideernte würde also schlecht ausfallen. „Vor Johanni bitt um Regen, nachher kommt er ungelegen“, weiß die Bauernregel, und „Am Johannistag die ersten Kirschen nach Hause trag“. Eine Bauernweisheit, die zwar nicht direkt etwas mit dem Wetter zu tun hat, wird bis heute von den Spargelbauern berücksichtigt: „Stich den Spargel nie mehr nach Johanni“. Vom Johannistag bis zu Beginn der nächsten Spargelsaison darf der Spargel neue Kraft schöpfen, damit er im folgenden Jahr wieder kräftig durchtreiben kann.
Brauchtum am Johannitag
In einigen Gegenden der Oberpfalz stellte man früher am Vorabend des 24. Juni der „Khannesbam“ auf. Dazu wurde eine schöne Fichte gefällt und entastet, nur der Gipfel blieb erhalten. Wo der erste Zweig, der an dem Baum abdörrt, hinzeigt, sollte sich noch im selben Jahr Nachwuchs einstellen.
In der Johannisnacht sind nach altem Glauben die dämonischen Kräfte von ihren Fesseln gelöst, Wasser verwandelt sich in Wein und versunkene Glocken fangen an zu läuten. Auch versunkene Schätze leuchten auf, aber nur wer Johannes heißt kann sie finden. Wer beim ersten Strahl der Morgensonne aus einer Quelle trinkt, der hat das ganze Jahr über Glück. Allerdings musste zuvor ein Sonnwendbüschel aus neunerlei Kräutern hineingeworfen werden. Mancherorts wurden die Sonnwendbuschen auch an der Haustür und im Stall aufgehängt.
Von all diesen Bräuchen hat sich heute nur noch das Johannisfeuer erhalten. Früher glaubte man, die Feuer nehmen Krankheiten von Mensch und Vieh und geben neue Lebenskraft, so weit der Rauch ziehe, mache er die Felder fruchtbar. Und jedes Gemeindemitglied musste zum Johannisfeuer ein Scheid beisteuern.
Text: Judith Kumpfmüller